Steigende Maschinenpreise – So schützen Sie sich gegen Unterversicherung

24. September 2021 von P. Merker

Hohe Steigerungsraten bei den Erzeugerpreisen können zu hoher Unterversicherung in der industriellen Sachversicherung führen. Hier erfahren Sie, wer besonders akuten Handlungsbedarf hat. Wir erklären, worauf Sie bei Ihren Versicherungsverträgen jetzt achten müssen und geben Ihnen einen 10-Punkte-Fahrplan an die Hand.

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Historische Steigerungsraten bei den Erzeugerpreisen

Um satte 12 Prozent lagen die Produzentenpreise gewerblicher Produkte im August 2021 höher als im August des vergangenen Jahres. Das bedeutet, dass die deutschen Hersteller ihre Preise im August so stark angehoben haben, wie seit fast 47 Jahren nicht mehr.

Die deutschen Hersteller haben ihre Preise im August 2021 so stark angehoben, wie seit fast 47 Jahren nicht mehr.

Entwicklung der Erzeugerpreise gewerblicher Produkte (Inlandsabsatz) in Deutschland gegenüber Vorjahresmonat/ Vormonat von August 2020 bis August 2021 (Quelle: Statista)

Zum Vergleich: Im Dezember 1974 betrug die Preissteigerung 12,4 Prozent, und zwar aufgrund der ersten Ölkrise.

Die Erzeugerpreise sind die Preise ab Fabrik – also bevor diese weiterverarbeitet werden oder in den Handel kommen. Sie gelten als Frühindikator für die Inflation und die ist mit 3,9 Prozent aktuell auch bereits so hoch, wie seit 1993 nicht mehr.

Preistreiber sind neben den Energiekosten vor allem Vorprodukte wie Holz und Stahl, wie die folgenden Beispiele zeigen.

Energie+ 24 %
Vorleistungsgüter
+ 17 %
Nadelschnittholz+ 124 %
Sekundärrohstoffe+ 104 %
Holzverpackungsmaterial+ 89 %
Betonstahl in Stäben+ 87 %
Metalle+35 %
Roheisen, Stahl und Ferrolegierungen+ 58 %
Nichteisenmetalle und deren Halbzeug+ 23 %
Chemische Grundstoffe+ 20 %

Warum das zu Unterversicherung in der Sachversicherung führen kann

Wenn die Preise für gewerbliche Produkte steigen, kann das schnell zur Unterversicherung in der betrieblichen Sachversicherung führen.

In der Sachversicherung sind immer die Neuwerte Ihrer Maschinen, Anlagen und Betriebseinrichtungen versichert (denn im Schadensfall müssen Sie üblicherweise auch alles neu beschaffen). Anders ausgedrückt: Die Wiederbeschaffungspreise für Maschinen und Anlagen sind von den aktuellen Preissteigerungen bereits direkt betroffen. Die versicherten Neuwerte können bereits über der festgestellten Versicherungssumme liegen – Unterversicherung droht. (Hier informieren wir ausführlich über die Risiken einer Unterversicherung.)

Welche Maschinen und Branchen besonders betroffen sind

Zwar sind nicht alle Branchen und Maschinentypen gleich stark von den aktuellen Entwicklungen betroffen. Trotzdem empfehlen wir allen Unternehmen, Ihre Versicherungssummen zu überprüfen. Ohnehin ist es wesentlicher Bestandteil des laufenden Risiko-Managements, die Deckung jährlich zu überprüfen und anzupassen. Letztendlich tragen Sie als Versicherungsnehmer die Verantwortung für Ihre Versicherungswerte (By the way: Geben Sie die Verantwortung doch gern an uns als Sachverständige weiter.)

Wir beobachten den Markt genau und unsere tägliche Bewertungspraxis zeigt, dass aktuell folgende Maschinen und Anlagen besonders betroffen sind (ohne Anspruch auf Vollständigkeit!):

  • Inline-Maschinen
  • Druckmaschinen
  • Erntemaschinen
  • Kompressoren
  • Klimaanlagen
  • Wärmetauscher
  • Kunststoffmaschinen
  • Chemieanlagen
  • Rohrleitungen
  • Lagertanks
  • Abfüllanlagen.

Dementsprechend sehen wir besonders bei Unternehmen der folgenden Branchen akuten Handlungsbedarf (ebenfalls ohne Gewähr auf Vollständigkeit):

  • Druckereien
  • Wellpappenhersteller- und verarbeiter
  • Kunststoffverarbeitende Industrie
  • Unternehmen der Verfahrenstechnik wie Petrochemie
  • Pharmazie
  • Nahrungsmittelindustrie
  • Kraftwerksindustrie
  • Abfüllereien
  • Meiereien
  • Tanklager

Kontaktieren Sie uns, wenn Sie unsicher sind (Tel. 0 40 602 13 33 oder über unser Kontaktformular)!

Was ist zu tun – Ihr 10-Punkte-Fahrplan und auf welche Versicherungsklauseln Sie achten müssen

1. Überprüfen Sie, ob Ihr Versicherungsvertrag eine Vorsorgeversicherung oder entsprechende Vorsorge-Positionen enthält.



Vorsorgeversicherung bzw. Vorsorge-Positionen

Die Vorsorgeversicherung bezieht neu hinzukommende Risiken in den Versicherungsschutz mit ein. Das heißt, für einen Übergangszeitraum (etwa bis zur nächsten Beitragsrechnung) wird eine Deckungslücke geschlossen. Es handelt sich üblicherweise nicht um eine eigenständige Versicherung. Aber Achtung: Manchmal ist diese nur gültig, wenn Sie den Versicherer über die Erhöhung des Inventarwertes informieren! Bis zur nächsten Beitragsrechnung ist das erhöhte Risiko dann üblicherweise beitragsfrei mitversichert.

2. Fragen Sie Ihren Versicherungsmakler und/oder Ihren Versicherer, ob die aktuellen Preissteigerungen von den Vorsorge-Positionen bzw. im Rahmen der Vorsorgeversicherung abgedeckt sind.

3. Klären Sie, ob die Vorsorgepositionen auch Wertsteigerungen bzw. nicht ausreichende Bewertungen umfasst (und nicht nur Bestandsveränderungen) und wenn ja, ob die Höhe ausreicht.

4. Informieren Sie Ihre Versicherung über die Deckungslücke.

5. Lassen Sie ggf. die Vorsorge anpassen.

6. Eventuell haben Sie einen Unterversicherungsverzicht vereinbart, der Ihnen – bis zu einem gewissen Grad – hilft. Überprüfen Sie Ihre Verträge!

Unterversicherungsverzicht

Unterversicherungsverzicht bedeutet, dass der Versicherer im Schadensfall – also zum Beispiel bei einem Brand – auf die Überprüfung der Versicherungssumme verzichtet und den Schaden bis maximal zur vereinbarten Versicherungssumme ersetzt.

Wir geben ein Beispiel:

Ihre Maschinen wurden mit 10 Mio. EUR Neuwert bewertet. Daher ist Ihre Versicherungssumme auch mit 10 Mio. EUR angesetzt. Es kommt zu einem großen Brand – bei der wertmäßig die Hälfte Ihrer Maschinen zerstört werden.

Zwischenzeitlich hat die Preissteigerung mit 10 Prozent zugeschlagen. Die Wiederbeschaffungswerte (mithin die Neuwerte) liegen nunmehr bei 11 Mio EUR, der Schaden beträgt daher 5,5 Mio. EUR.

Da die Deckungsquote nur 91 Prozent beträgt (10 Mio. / 11 Mio.) werden also auch nur 91 Prozent des Schadens, also 5, 005 Mio. EUR ersetzt.

Ist ein Unterversicherungsverzicht vereinbart, so wird der volle Schaden in Höhe von 5,5 Mio. EUR erstattet.

Aber Achtung! Wenn es in unserem Bespiel zu einem Totalschaden kommt, werden auch nur 10 Mio. EUR von der Versicherung gezahlt, denn das ist die vereinbarte Versicherungssumme!

7. Beraten Sie sich mit Ihrem Makler und/oder Ihrer Versicherung, ob Ihr Unterversicherungsverzicht in der aktuellen Situation Ihren individuellen Risiken (noch) gerecht wird.

8. Überprüfen Sie Ihre Verträge auf Wertzuschlagsklauseln.

Erfahrungsgemäß hat eine Versicherungssumme bei „guter Pflege“ eine Lebensdauer von 5 – 10 Jahre. Dabei ist in der aktuellen Situation eine ganz korrekte Anwendung der Indizes wichtig, falls Sie Ihre Versicherungssumme mittels Wertzuschlägen ermitteln.

Wertzuschläge / Wertzuschlagsklauseln (auch: Wertzuwachsklauseln)

Wertzuschlagsklauseln helfen in der industriellen Sachversicherung, die Versicherungssummen jährlich anzupassen – und zwar immer für die neue Versicherungsperiode.

Üblicherweise werden die Versicherungssummen anhand des jeweiligen Neuwertes der Maschinen und Einrichtungen berechnet. Änderungen am Bestand, Zu- und Abgänge und natürlich die Preisentwicklungen führen dazu, dass der Versicherungswert stetig schwankt. Damit Preisänderungen bei den Neuwerten nicht zur Unter- oder Überversicherung führen, muss der Versicherungsnehmer seine Versicherungssumme ständig an die aktuelle Entwicklung anpassen.

Mit Wertzuschlagsklauseln kann die Anpassung der Versicherungssumme Jahr für Jahr berechnet werden, ohne jedes Mal eine individuelle Bewertung vornehmen zu müssen.

Und das geht so:

Auf Grundlage der aktuellen Neuwerte wird eine Grundsumme für die zu versichernden Sachen berechnet. Die Grundsumme richtet sich nach den Preisen aus dem Jahr 1970, 1980, 2010 oder 2015 (Das bestimmen meistens die Versicherungsunternehmen).

Der Wertzuschlag berechnet sich über Indexzahlen des statistischen Bundesamtes. Die Versicherungssumme ergibt sich also aus der Grundsumme zuzüglich des Wertzuschlags.

Bei Vereinbarung einer Wertzuschlagsklausel haftet die Versicherung im Schadensfall maximal mit der Grundsumme zuzüglich dem doppeltem Wertzuschlag.

Voraussetzung hierfür ist, dass sowohl die Grundsumme als auch der einfache Wertzuschlag durch einen Sachverständigen bemessen wurden.

Die Wertzuschlagsklauseln schützen also auch bis zu einem gewissen Grad vor einer inflationären unterjährigen Preisentwicklung.



Die korrekte Berechnung der Wertzuschläge

Um die Wertzuschläge zu ermitteln, wird üblicherweise auf die Preistabellen des Statistischen Bundesamtes, Fachserie 17 Reihe 2, zurückgegriffen. Für diese Werte werden rund 6.300 Unternehmen nach den aktuellen Preisen von ca. 1.350 Güterarten befragt.

Daraus werden dann die Preissteigerungen von einzelnen gewerblichen Gütern – und zwar vom Magerquark bis zum Sattelschlepper – ermittelt.

Diese Preisangaben und deren Steigerungsraten betreffen aber immer das lieferfertige Erzeugnis ab Werk. Das heißt: Bei diesen Indizes sind Fracht, Verpackung und Montage und deren Preissteigerungen nicht enthalten. Hier kann es zu erheblichen Unschärfen kommen, denn die Montagekosten entwickeln sich preislich oft deutlich anders als die reinen Herstellungskosten einer Maschine. Die korrekte Anwendung der dafür vorgesehenen Position 610 für Reparatur, Instandhaltung und Installation ist kompliziert und wird daher meistens unterlassen.

Für elektronikversicherte Anlagen und Geräte gibt es eigene Preisreihen, da hier zwischen Elektronik und Technik unterschieden wird.

Darüber hinaus arbeiten einige Versicherungsunternehmen mit eigenen Branchen-Indizes. Um also die Versicherungssumme mittels Wertzuschlägen zu ermitteln, müssen die Preisindizes korrekt angewendet werden.

Je unkorrekter die Wertzuschläge ermittelt wurden, je volatiler die Preisschwankungen sind und je länger das letzte Sachverständigengutachten zurückliegt, desto eher sollte die Versicherungssumme für das nächste Versicherungsjahr durch eine neue Bewertung ermittelt werden.

9. Überprüfen Sie, wann Ihre Versicherungssumme das letzte Mal von einem Sachverständigen ermittelt wurde.

10. Rufen Sie uns an (Tel. 0 40 602 13 33).

Philip Merker Sachverständiger für Maschinenbewertungen

Philip Merker, MBA

Zertifizierter Sachverständiger für die Bewertung von Maschinen und technischen Anlagen (DIN EN ISO / IEC 17024)

Colonnaden 46, 20354 Hamburg

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