Betriebsgebäude vs. Betriebsvorrichtung und die steuerlichen Konsequenzen
Geht es um steuerliche Fragen bzw. um Fragen der Bilanzierung so sind die entscheidenden „Hinweise“ in den „Gleich lautenden Erlasse der Obersten Finanzbehörden der Länder zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen vom 5.6.2013“ zu finden.
Danach ist wie folgt in 2 Schritten zu prüfen:
1. Handelt es sich bei dem fraglichen Bauwerk um ein Gebäude?
Merke: Ist es ein Gebäude, so ist es keine Betriebsvorrichtung!
Ein Gebäude liegt vor, wenn
- durch eine räumliche Umschließung Menschen oder Sachen gegen Witterungseinflüsse geschützt sind;
- sich Menschen dort aufhalten können;
- es fest mit Grund und Boden verbunden ist
- sowie eine gewisse Beständigkeit und Standfestigkeit gegeben sind.
Dabei ist zum Beispiel auch eine offene Halle ein Witterungsschutz! Und auch die Aufenthaltsmöglichkeit für Menschen kann gegeben sein, auch wenn der Aufenthalt sich als höchst unbequem, dunkel oder gar gesundheitsschädlich gestaltet.
Quelle: Gleich lautenden Erlasse der Obersten Finanzbehörden der Länder zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen vom 5.6.2013
2. Ist es ein Gebäudebestandteil, eine Betriebsvorrichtung oder eine Außenanlage ?
Nach § 94 Abs. 2 BGB sind wesentliche Bestandteile eines Gebäudes die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.
Wenn Sie sich den Paragrafen über den dejure.org – Link anschauen, so werden Sie 1.766 Entscheidungen der Rechtsprechung dazu finden bezüglich der konkreten Auslegung.
Gerade die oben genannten Erlasse, mithin die Steuer, setzen sich explizit über diese Definition hinweg und definieren zum Zwecke der Besteuerung anders.
Und zwar:
Die Entscheidung, ob wesentliche Bestandteile als Betriebsvorrichtungen einzustufen sind, richtet sich danach, ob diese in so enger Beziehung zu dem auf dem Grundstück ausgeübten Gewerbe stehen, dass dieses unmittelbar mit ihnen betrieben wird.
Hierunter können auch selbstständige Bauwerke oder Teile davon fallen, wie etwa Schornsteine.
Wenn die betreffenden Gebäudebestandteile der Benutzung des Gebäudes dienen, dann gelten sie als Gebäudebestandteile.
Unser Lieblingsbeispiel sind die Fahrstühle: Lastenaufzüge sind üblicherweise Betriebsvorrichtung während Personenaufzüge dem Gebäude zuzurechnen sind.
Zu den Außenanlagen gehören Bauten, die der Benutzung des Grundstücks dienen und in keiner besonderen Beziehung zu dem Gewerbebetrieb stehen – Straßen, Wege, Zäune etwa.
Zwischenfazit: Nur wenn es sich bei dem entsprechenden Bauwerk nicht um ein Gebäude im obigen Sinne handelt, könnte es eine Betriebsvorrichtung sein. (Klingt eigentlich ganz logisch, oder?). Eine Betriebsvorrichtung ist es, wenn es unmittelbar dem Betrieb des Gewerbes dient. Alles klar?
Praxistipp: Die genannten Erlasse enthalten sehr schöne tabellarische Aufstellungen und sogar Zeichnungen für die Praxisanwendung.
Nachdem wir nun korrekt abgegrenzt bzw. zugeordnet haben, ergeben sich doch erhebliche finanzielle Konsequenzen aufgrund der unterschiedlichen Behandlung in der Steuergesetzgebung. Zum Beispiel:
- Betriebsvorrichtungen sind bewegliche Wirtschaftsgüter und daher unabhängig vom Gebäude wie das übrige bewegliche Anlagevermögen
- Im Regelfall ist die Abschreibungsdauer für Betriebsgebäude länger und der Abschreibungssatz niedriger als für Betriebsvorrichtungen.
- Für Betriebsvorrichtungen ist im Gegensatz zu Grund und Boden bzw. Gebäude keine Übertragung stiller Reserven nach 6b EStG zulässig.
- 7g EStG ermöglicht die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen und Sonderabschreibungen für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe.
- Nach § 2 GrStG sind Betriebsvorrichtungen von der Grundsteuer ausgenommen.
- Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GrEStG sind Betriebsvorrichtungen von der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ausgenommen.
- Nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG sind Vermietungen von Betriebsvorrichtungen von der Umsatzsteuerbefreiung ausgenommen.
- 2 InvZulG 2010 enthält unterschiedliche Regelungen zur Förderung von Betriebsvorrichtungen und Betriebsgebäuden
Natürlich gilt: Wir machen hier weder Steuerberatung noch Rechtsberatung, sondern möchten Ihnen vielmehr Gefühl für die Problematik und die Folgen vermitteln!
Im Rahmen eines Bewertungsauftrages bieten wir an, zusammen mit dem Immobilienbewerter und Ihrem Steuerberater ein gemeinsames Verständnis über die Zuordnung zu entwickeln. Wir tragen dann Sorge für die korrekte Umsetzung.